BEGRIFF “LONG COVID”

Long Covid – statistisch genesen und dennoch chronisch krank

Wir verwenden die Definition der WHO. Als Long Covid (oder Post-Covid-Syndrom, Post-Covid-Erkrankung) werden Symptome bezeichnet, die nach einer bestätigten oder vermuteten Covid-Infektion mehr als 3 Monate andauern und nicht anderweitig erklärbar sind.

Der Begriff „Long Covid“ wurde zunächst in den sozialen Medien durch Personen geprägt, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion über lang anhaltende gesundheitliche Einschränkungen berichteten.

Im Mai 2020 hat die Italienerin Elisa Perego “#longcovid” als Hashtag in einem Tweet erstmals verwendet, um damit ihre anhaltenden Beschwerden nach durchgemachter COVID-19 Infektion zu beschreiben.

Im Februar 2021 führte Dr. Anthony Fauci, Direktor des nationalen Instituts für Allergie und Infektionskrankheiten in den USA und Task Force Mitglied des weissen Hauses unter Trump den Begriff “PASC” ein,  “Post-acute sequelae of SARS-CoV-2 infection” (Quelle)

Im umgangssprachlichen Gebrauch unter Betroffenen und auch Behandlern hat sich “Long Covid” gegenüber den Begriffen “PASC” und “Post-Covid-Syndrom” durchgesetzt.

In aktuellen deutschen[5] und österreichischen Leitlinien[21] wird je nach Zeitraum, in dem die Beschwerden bestehen, unterschieden:

  • Long COVID (Symptome bestehen länger als 4 Wochen und/oder neue Symptome kommen dazu.)
  • Post-COVID-19-Syndrom (mehr als 12 Wochen noch bestehende oder neu auftretende Symptome oder Gesundheitsstörungen, die anderweitig nicht erklärt werden können.)

Das Fortbestehen von Symptomen im Zeitraum 4 bis 12 Wochen wird auch als „Anhaltend symptomatischer (prolongierter) Covid-19-Infekt“ genannt.

Weiterführende Links zum Thema:

Long Covid in der Schweiz

Gemäss Bundesamt für Gesundheit und Covid Task Force sind:

  • 20% der infizierten Erwachsenen von Long Covid betroffen
  • 3% der infizierten Kinder von Long Covid Kids betroffen
  • UK-Statistiken zeigen, dass ca. 3.5% der Bevölkerung von Long Covid betroffen sind. Dies entspricht über 300‘000 Personen in der Schweiz

Gemäss statistischen Untersuchungen in U.K. sind im Oktober 2022 ca. 2.3 Millionen Menschen nach Infektion von anhaltenden Symptomen betroffen, d.h. 3.5% der Bevölkerung. Das entspricht ca. 300‘000 Personen in der Schweiz. In der Schweiz werden keine statistischen Daten zu Long Covid erhoben, und es gibt kein Register oder nationale Kohorte.

Gemäss Studien und Literaturrecherchen, die vom Bundesamt für Gesundheit in Auftrag gegeben wurden, leiden bis zu 25% der SARS-CoV-2-Infizierten sechs Monate nach der akuten Infektion immer noch unter Langzeitfolgen, erklärt Epidemiologe Milo Puhan am 8. Februar 2022 vor den Medien. Ein Jahr nach der Infektion berichten gemäss dem Epidemiologen der Universität Zürich mindestens 16% der Betroffenen immer noch über eine Beeinträchtigung ihres Gesundheitszustandes.

Das Bundesamt für Gesundheit schätzte Anfang Februar 2022, dass jede fünfte Person in der Schweiz nach einer Infektion an Long Covid-Symptomen wie chronische Erschöpfung, Schmerzen und Kurzatmigkeit leiden könnte. Bei Kindern und Jugendlichen gehen die Experten in der Schweiz davon aus, dass ca. 3% der Infizierten unter Langzeitfolgen leiden. Schätzungen im Ausland gehen von höheren Zahlen bei Kindern aus.

Die Nationale Covid Task Force schätzte am 15. Februar 2022, dass bis zu 20% der an Covid-19 erkrankten Personen länger andauernde gesundheitliche Beschwerden haben werden. Die langfristigen individuellen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen, auch z.B. für die Invalidenversicherung seien noch nicht abschätzen. Oberstes Ziel sei es, durch Prävention oder Behandlung die Häufigkeit und Schwere von Long Covid zu verringern, Betroffene wirksam zu behandeln und erwerbsunfähige Betroffene finanziell abzusichern.

Der für die Versorgung benötigte multidisziplinäre Ansatz brauche viele Ressourcen und sei nicht ausreichend verfügbar. Darüber hinaus bestehe ein Bedarf, die Diagnose und Behandlung von Long Covid zu verbessern. Insbesondere sei weiterführende Forschung in der Diagnostik und Behandlung von Long Covid notwendig, was durch eine Kohortenstudie umfassend realisierbar wäre. Die mögliche Belastung der Invaliditätsversicherung durch Long Covid solle eingeplant werden.

Gemäss einer Umfrage, welche Long Covid Schweiz unter Betroffenen im August 2021 durchgeführt hat, sind ein Grossteil der Betroffenen im Alltag eingeschränkt.

Referenzen:

Weiterführende Links zum Thema:

Symptome

Long Covid ist eine Multisystem-Erkrankung. So vielfältig die betroffenen Organe sind, so vielfältig sind auch die Symptome. Bis anhin wurden über bis zu 200 Symptome im Zusammenhang mit Long Covid berichtet. Im Zentrum steht die Belastungsintoleranz, das belastendste Symptom, welche zu Leistungseinbussen führt und eine Vielzahl anderer Symptome nach sich zieht. Nicht alle Betroffenen leiden an allen Symptomen. Es gibt bestimmte Symptomcluster, die häufiger auftreten.

Solche Erhebungen sind immer Momentaufnahmen und von der Auswahl der Patientengruppe (hospitalisiert/nicht hospitalisiert/Risikogruppen) abhängig. Grundsätzlich sind laut unserer eigenen Umfrage bei vorwiegend nicht hospitalisierten Betroffenen folgende Symptome mitunter am häufigsten und über Monate anhaltend:

  • Belastungsintoleranz
  • Fatigue/Erschöpfung
  • Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen
  • Atemnot (Gasaustauschstörung nicht nur in der Lunge)
  • Kopfschmerzen
  • Muskelschmerzen
  • Nervenschmerzen
  • Schlafstörungen

Dies bestätigen auch andere Erhebungen. Eine im Oktober 2021 veröffentlichte Metaanalyse von 57 Studien mit insgesamt 250.351 COVID-Kranken ergab, dass mehr als die Hälfte der aber überwiegend hospitalisierten Patienten weltweit an mindestens einem Long-COVID-Symptom leidet. Die am häufigsten genannten Symptome waren Beschwerden der Atemwege, neurologische Störungen, Beeinträchtigungen der mentalen Gesundheit, Bewegungseinschränkungen, Fatigue und Muskelschwäche.

Bildquelle: medRxiv.org

Fachliches: Bekannte Symptomcluster/Syndrome

Es gibt diverse: bereits bekannte Symptomcluster und/oder Syndrome, die in Zusammenhang mit einer Long Covid-Erkrankung zu beobachten sind. Auch diese können ineinandergreifen und gekoppelt sein. Häufig werden deren Abkürzung verwendet, da die Begriffe ziemliche Zungenbrecher sind. Im Zentrum der Symptome steht die Belastungsintoleranz, das Symptom, welches für die Betroffenen am einschränkendsten ist. Im Folgenden eine unvollständige Auswahl mit kurzen Definitionen dazu. Die folgende Abgrenzungen sind ein Versuch etwas Klarheit in die verschiedenen Begrifflichkeiten zu bringen.

Diagnostik

Noch ist die Diagnose von Long Covid vorwiegend eine Ausschlussdiagnose, da geeignete spezifische Tests für Long Covid noch fehlen. Das heisst, alle anderen bekannten Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen können, müssen ausgeschlossen werden.

Ausschlussdiagnostik

  • EKG (Elektrokardiogramm = Herzstromkurve)
  • Herzultraschall (Echo)
  • Röntgen der Lunge
  • Computertomographie der Lunge und/oder des Herzens
  • MRI (Magnetresonanztomographie)  des Herzens und/oder des Gehirns

Ebenfalls werden Blutuntersuchungen vorgenommen. Meistens wird auch ein Konsil bei einem Pneumologen (Lungenarzt), Neurologen (Beschäftigt sich mit dem Gehrin und dem Nervensystem) und einem Kardiologen (Herzspezialist) empfohlen und bei Bedarf weitere angezeigte Untersuchungen und Tests.

Nicht jedes Symptom, das nach einer Covid-19 Erkrankung auftritt, ist zwingend Long Covid zuzuschreiben. Deshalb ist eine Ausschlussdiagnostik sehr wichtig, um keine andere Krankheiten zu übersehen. Ebenfalls ist es notwendig, während einer Long Covid-Erkrankung bei Symptom Veränderungen eine regelmässige Verlaufsdiagnostik durchführen zu lassen, um nichts zu verpassen.

Es gibt zum heutigen Zeitpunkt noch keine schweizweit anerkannte Behandlungs- und /oder Diagnose-Richtlinie.

Etablierte Untersuchungen

ACHTUNG: Die folgenden Untersuchungen können bei Betroffenen mit einer Belastungsintoleranz zu einer massgeblichen Verschlechterung der Symptome  führen. Deshalb sollten die Termine so gelegt und gestaltet werden, dass die “Gesundheit” der Patient:innen so wenig wie möglich strapaziert wird.

Experimentelle Untersuchungen

Die nachfolgenden Diagnose-Parameter sind bis jetzt nur an wenigen Spitälern oder für Studien durchgeführt worden und gelten noch als experimentell. In der Schweiz sind diese Untersuchungen zur Zeit kaum oder nicht erhältlich. Wenn die Untersuchungen erhältlich sind, werden diese oftmals nicht von den Krankenkassen übernommen.

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