BEGRIFF “LONG COVID”
Long Covid – statistisch genesen und dennoch chronisch krank
Wir verwenden die Definition der WHO. Als Long Covid (oder Post-Covid-Syndrom, Post-Covid-Erkrankung) werden Symptome bezeichnet, die nach einer bestätigten oder vermuteten Covid-Infektion mehr als 3 Monate andauern und nicht anderweitig erklärbar sind.
Trotz der WHO-Definition besteht während der ersten 6 bis 12 Monate nach der Infektion relativ gute Genesungs-Chancen, wenn Empfehlungen für Pacing, Ruhe und Symptomlinderung eingehalten werden.
Der Begriff „Long Covid“ wurde zunächst in den sozialen Medien durch Personen geprägt, die nach einer SARS-CoV-2-Infektion über lang anhaltende gesundheitliche Einschränkungen berichteten.
Im Mai 2020 hat die Italienerin Elisa Perego “#longcovid” als Hashtag in einem Tweet erstmals verwendet, um damit ihre anhaltenden Beschwerden nach durchgemachter COVID-19 Infektion zu beschreiben.
Im Februar 2021 führte Dr. Anthony Fauci, Direktor des nationalen Instituts für Allergie und Infektionskrankheiten in den USA und Task Force Mitglied des weissen Hauses unter Trump den Begriff “PASC” ein, “Post-acute sequelae of SARS-CoV-2 infection” (Quelle)
Im umgangssprachlichen Gebrauch unter Betroffenen und auch Behandlern hat sich “Long Covid” gegenüber den Begriffen “PASC” und “Post-Covid-Syndrom” durchgesetzt.
In aktuellen deutschen[5] und österreichischen Leitlinien[21] wird je nach Zeitraum, in dem die Beschwerden bestehen, unterschieden:
- Long COVID (Symptome bestehen länger als 4 Wochen und/oder neue Symptome kommen dazu.)
- Post-COVID-19-Syndrom (mehr als 12 Wochen noch bestehende oder neu auftretende Symptome oder Gesundheitsstörungen, die anderweitig nicht erklärt werden können.)
Das Fortbestehen von Symptomen im Zeitraum 4 bis 12 Wochen wird auch als „Anhaltend symptomatischer (prolongierter) Covid-19-Infekt“ genannt.
Im Oktober 2021 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach einem wissenschaftlich fundierten Abstimmungsprozess eine vorläufige klinische Falldefinition von Post-COVID-19. Gemäss dieser Definition werden gesundheitliche Beschwerden genannt, die in längerem Abstand im Anschluss an eine durchgemachte SARS-CoV-2 Infektion fortbestehen und anderweitig nicht erklärbar sind.
“Long Covid, auch Post-Covid-19 nach ICD-10 GM oder Post-Covid-Syndrom, ist eine Langzeitfolge der Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19), die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelöst wird. Die in Studien beobachteten Symptome sind sehr unterschiedlich und reichen von schwerwiegenden Schäden in Lunge, Herz, Nieren und Gehirn über Entzündungsreaktionen, Blutungsstörungen und Veränderungen an verschiedenen Organen bis zu einer Vielzahl von einzelnen Symptomen wie z.B. Atemnot, Fatigue, Schmerzen und neurologischen Störungen. Long Covid kann auch nach milden Verläufen auftreten. Eine einheitliche Definition für Long Covid liegt jedoch bislang noch nicht vor, aber meist spricht man von Long Covid, wenn die Symptome mehr als 12 Wochen andauern.”
(Übersetzt aus dem Englischen: Quelle)
Long Covid ist der beschreibende Überbegriff für alle längerdauernde Symptome nach einer Covid-19-Infektion. Unterdessen versuchen Forschende, verschiedene Subtypen zu definieren. Es werden pathophysiologisch verschiedene Typen unterschieden. Die Abgrenzungen sind jedoch noch nicht einheitlich definiert und unvollständig.
Wir möchten im Folgenden die typischerweise nicht hospitalisierten Long Covid-Fälle abgrenzen von der klassischerweise hospitalisierten Post-akut-Covid-Subgruppe. Letztere weisen in der Regel mit den heute gängigen Testverfahren nachweisbare strukturelle Veränderungen auf. Diese Unterscheidung ist unseres Erachtens wichtig, da diese zwei Gruppen erfahrungsgemäss unterschiedliche Behandlungen benötigen. Wenn wir den Begriff “Long Covid” verwenden, sprechen wir vom Post-Covid-Syndrom unter Ausschluss der Subgruppe Post-akut-Covid.
Wir unterstützen folgende Auffassung, der Median Kliniken in Deutschland:
“Die Abgrenzung von Post-akut-Covid zu Long Covid ist weniger streng anhand des zeitliche Verlaufs zu sehen, es geht vielmehr um die Unterscheidung zweier unterschiedlicher Krankheitsbilder: Das eine beschreibt protrahierte Rekonvaleszenz nach initial meist schwerer Erkrankung. Das andere eine längerfristige oder im Verlauf auftretende Beeinträchtigung nach initial eher milder oder abgeklungener Erkrankung.” (Quelle)
Long Covid
Long Covid-Patienten haben nicht selten einen moderaten oder sogar milden Verlauf der akuten Covid-19-Erkrankung. Ihre Beschwerden beginnen entweder direkt nach dem Infekt, können aber auch verzögert, mehreren Wochen oder Monaten später auftreten, oftmals nach einer grösseren Anstrengung. Long Covid-Betroffenen können selten bis nie von der klassischen Rehabilitation und einem Aufbautraining profitieren, aufgrund von einer “Belastungsintoleranz”. Die genaue Ursache für Long Covid ist bislang unbekannt. Folgende stark vereinfachten Hypothesen können eine Rolle spielen. Was davon Ursache und was Folge der Erkrankung ist, ist noch nicht gänzlich geklärt:
- Persistenz vom Virus bzw. von Virusbestandteilen
- Postinfektiöse (= nach der Infektion) strukturelle Gewebe-, Organ- sowie Nervenschädigungen (Veränderungen und/oder anhaltende Entzündungen in Blutgefässen und -zellen, Lunge, Herz, Gehirn und weiteren Organen).
- Chronische Immundysregulation/Autoimmunität (=Immunsystem wird fehlgeleitet oder es richtet sich gegen den eigenen Körper) /(Hyper-)Inflammation (=Überentzündlichkeit), Bildung von Auto-Antikörpern, Dysregulation des Renin–Angiotensin–Aldosteron-Systems (RAAS) (= System, dass für die Blutdruckregulation und den Wasserhaushalt des Körpers zuständig ist)
- Dysautonomie, Störung der Funktionen des autonomen Nervensystems
Die Faktoren 1 bis 4 können vermutlich gekoppelt auftreten. Die Abläufe sind vermutlich sehr komplex und miteinander vernetzt. Es handelt sich aktuell noch lediglich um unvollständige Beobachtungen bei Patienten und Vermutungen.
(Quelle: Leitlinie „Post-COVID/Long-COVID“ (Leitlinien der deutschen Fachgesellschaften)
Charakteristisch für Long Covid scheinen fortlaufenden chronischen Mikroentzündungen zu sein, welche anhaltend Gewebe-, Nerven und Gefässschäden sowie Hyperkoagulabilität (= Blutgerinnung wird vermehrt aktiviert) verursachen. Diese wiederum führen zu diversen anhaltenden Störungen der Mikrodurchblutung und Thrombosen (Blutklumpen).
Post-akut-Covid
Post-akut-Covid beschreibt den Zustand nach einem schweren Akutverlauf von Covid-19. Diese Patienten werden/wurden häufig auf der Intensivstation behandelt und über einen längeren Zeitraum beatmet. Sie weisen sichtbare Veränderung an der Lunge und anderen Organen im Zusammenhang mit der akuten Infektion auf. Diese Personen können von der klassischen Rehabilitation profitieren. Post-akut-Covid-Betroffene können zusätzlich ebenfalls Long Covid entwickeln.
Long Covid in der Schweiz
Gemäss aktueller Schätzungen der WHO und Expert:innen sind:
- 6-7% der Erwachsenen von Long Covid betroffen
- 1% der Kinder von Long Covid betroffen
- Die WHO schätzt, dass 3.3% der gesamten Bevölkerung von Long Covid betroffen sind. Forschende schätzen diese Prävalenz auf bis zu 5% der Bevölkerung. UK-Statistiken zeigen, dass ca. 3.5% der Bevölkerung von Long Covid betroffen sind. Diese Raten entsprechen zwischen 300‘000 und 450’000 Personen in der Schweiz.
Internationale Expert:innen schätzen in aktuellen Studien, dass ca. 5% der allgemeinen Bevölkerung Long Covid haben. Im Juni 2023 sagte die Weltgesundheitsorganisation in einem Statement, dass ca. 3.3% der Bevölkerung von Long Covid betroffen sind. Bei einer Bevölkerung von 9 Millionen Menschen entsprechen 5% ca. 450’000 Personen in der Schweiz, 3.3% ca. 300’000 Personen.
Gemäss statistischen Untersuchungen in U.K. sind im Oktober 2022 ca. 2.3 Millionen Menschen nach Infektion von anhaltenden Symptomen betroffen, d.h. 3.5% der Bevölkerung. Das entspricht ca. 300‘000 Personen in der Schweiz. In der Schweiz werden keine statistischen Daten zu Long Covid erhoben, und es gibt kein Register oder nationale Kohorte.
Die Nationale Covid Task Force schätzte am 15. Februar 2022, dass bis zu 20% der an Covid-19 erkrankten Personen länger andauernde gesundheitliche Beschwerden haben werden. Die langfristigen individuellen gesundheitlichen und gesellschaftlichen Folgen, auch z.B. für die Invalidenversicherung seien noch nicht abschätzen. Oberstes Ziel sei es, durch Prävention oder Behandlung die Häufigkeit und Schwere von Long Covid zu verringern, Betroffene wirksam zu behandeln und erwerbsunfähige Betroffene finanziell abzusichern.
Der für die Versorgung benötigte multidisziplinäre Ansatz brauche viele Ressourcen und sei nicht ausreichend verfügbar. Darüber hinaus bestehe ein Bedarf, die Diagnose und Behandlung von Long Covid zu verbessern. Insbesondere sei weiterführende Forschung in der Diagnostik und Behandlung von Long Covid notwendig, was durch eine Kohortenstudie umfassend realisierbar wäre. Die mögliche Belastung der Invaliditätsversicherung durch Long Covid solle eingeplant werden.
Gemäss einer Umfrage, welche Long Covid Schweiz unter Betroffenen im August 2021 durchgeführt hat, sind ein Grossteil der Betroffenen im Alltag eingeschränkt.
Referenzen:
- ONS, Long Covid Prävalenz in U.K. Oktober 2022
- Covid Task Force Scientific Update, Feb. 2022
- BAG, Literaturrecherche Long Covid, Dez. 2021
- BAG, Epidemiologie von Sars-CoV-2 bei Kindern & Jugendlichen, Aug. 2021
- BAG, Literaturrecherche Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche, Dez. 2021
- Long Covid Schweiz, Umfrage, Aug. 2021
Weiterführende Links zum Thema:
Symptome
Long Covid ist eine Multisystem-Erkrankung, welche unterschiedliche Körpersysteme dysreguliert, wie z.B. den Stoffwechsel, das Herzkreislaufsystem, die Verdauung, die Atmung oder das Immunsystem. So vielfältig die betroffenen Organe sind, so vielfältig sind auch die Symptome. Bis anhin wurden über bis zu 200 Symptome im Zusammenhang mit Long Covid berichtet.
Im Zentrum stehen gemäss einem Artikel von Expert:innen die vier Schlüsselsymptome Fatigue, orthostatische Intoleranz, Belastungsintoleranz und Post-Exertional Malaise PEM. Belastungsintoleranz und PEM sind die belastendsten Symptome, welche nicht zu behandeln sind, zu Leistungseinbussen führen und eine Vielzahl anderer Symptome nach sich ziehen. Nicht alle Betroffenen leiden an allen Symptomen. Es gibt bestimmte Symptomcluster, die häufiger auftreten. Deshalb ist die Bestimmung von Subtypen, oder Phänotypen entscheidend.
Solche Erhebungen sind immer Momentaufnahmen und von der Auswahl der Patientengruppe (hospitalisiert/nicht hospitalisiert/Risikogruppen) abhängig. Grundsätzlich sind laut unserer eigenen Umfrage bei vorwiegend nicht hospitalisierten Betroffenen folgende Symptome mitunter am häufigsten und über Monate anhaltend:
- Post-exertionelle Malaise (PEM), eine Symptomverschlechterung nach Belastung
- Belastungsintoleranz, welche sich im Moment der Belastung manifestiert
- orthostatische Intoleranz, posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (POTS)
- Fatigue/Erschöpfung
- Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, kognitive Dysfunktion
- Schlafstörungen, insbesondere nicht erholsamer Schlaf
- Atemnot, Kurzatmigkeit (Gasaustauschstörung nicht nur in der Lunge)
- Kopfschmerzen
- Muskelschmerzen, Muskelschwäche
- Nervenschmerzen
Dies bestätigen Erhebungen von Expert:innen in Deutschland.
Bildquelle: medRxiv.org
Quelle: www.nature.com/scientificreports
Fachliches: Bekannte Symptomcluster/Syndrome
Es gibt diverse: bereits bekannte Symptomcluster und/oder Syndrome, die in Zusammenhang mit einer Long Covid-Erkrankung zu beobachten sind. Auch diese können ineinandergreifen und gekoppelt sein. Häufig werden deren Abkürzung verwendet, da die Begriffe ziemliche Zungenbrecher sind. Im Zentrum der Symptome steht die Belastungsintoleranz, das Symptom, welches für die Betroffenen am einschränkendsten ist. Im Folgenden eine unvollständige Auswahl mit kurzen Definitionen dazu. Die folgende Abgrenzungen sind ein Versuch etwas Klarheit in die verschiedenen Begrifflichkeiten zu bringen.
Post-exertionelle Malaise = PEM (Post-exertional Malaise) oder PENE (Post-exertional Neuroimmune Exhaustion) (Symptom)
“Post-exertional Neuroimmune Exhaustion (PENE) ist eine neuroimmunologische Reaktion, welche bereits auf geringe physische, kognitive, orthostatische oder sensorische Belastung folgt und eine starke und lang anhaltende Verschlechterung der Symptomatik mit sich bringt. Die Verschlechterung kann sofort oder mit einer zeitlichen Verzögerung eintreten.” Quelle: SGME.ch
Die postexertionelle Malaise PEM ist das Leitsymptom von ME, und vermutlich auch von Long Covid. Sie ist das belastendste Symptom für die Betroffenen. Kleinste körperliche Belastungen (auch schon aufrechtes Stehen über eine gewisse Zeit) sowie Denk- oder Konzentrationsarbeiten, genauso wie emotionale Reize, können zu einer Verschlechterung diverser Symptomen und zu Leistungseinbussen führen. Andere Betroffene leiden unter weniger ausgeprägter PEM und haben eine viel höhere Belastungsgrenze, die sich v.a. bei körperlichen Anstrengungen manifestiert (s. Belastungsintoleranz).
Betroffenen Personen dürfen nicht an ihre energetischen Grenzen gehen und müssen Pacing erlernen. Das bedeutet, dass das klinische Spektrum extrem breit gefächert ist. Einige Menschen leiden fast bis zur Bettlägerigkeit, während andere z.B. nur beim Sport oder extremer Belastung eingeschränkt sind. Wir unterscheiden zwischen Belastungsintoleranz (englisch exercise intolerance) beim Sport, also der Unfähigkeit die Leistung überhaupt zu erbringen, und post-exertional malaise, der Symptomverschlechterung nach der Anstrengung.
Die Mehrheit der Long Covid-Fälle ist von einer (unspezifischen) Belastungsintoleranz geprägt, also einer mangelnden körperlichen Belastbarkeit mit entsprechend inadäquater körperlicher Reaktion auf Belastung (z. B. Kurzatmigkeit, Herzrasen oder Tachykardie, Leistungsdefizit). Eine Belastungsintoleranz kann bei vielen Unterformen von Long Covid auftreten.
POTS (Englisch: Postural orthostatic tachycardia syndrome, deutsch: Posturales Tachykardiesyndrom)
Das posturale Tachykardiesyndrom ist ein Zustand, bei dem die Patienten beim Wechsel von liegender in stehende Position, an einem erhöhten Puls, Benommenheit sowie Schwindel leiden. Die Beschwerden lassen nach, wenn sich die Patienten hinlegen. Die Ursache ist unbekannt, aber vermutlich liegt eine Funktionsbeeinträchtigung in Teilen des autonomen Nervensystems vor. Mehr Informationen bei Deximed oder auf Englisch bei Johns Hopkins.
Quelle: The Johns Hopkins Hospital
Fatigue ist ein Begriff für ein unspezifisches Symptom, welches bei verschiedenen Krankheitsbildern auftreten kann. Fatigue, welche z.B. nach einer Krebserkrankung, Multiple Sklerose und vielen anderen Erkrankungen auftritt, ist unserer Meinung nach abzugrenzen von der “post-viralen Fatigue” und der Fatigue, welche bei ME/CFS (s. unten) auftritt. Zudem muss man unterscheiden zwischen dem Symptom Fatigue und der neuroimmunologischen Erkrankung “Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrom”. Die meisten Menschen und auch den Medien unterscheiden die Begriffe nicht. Eine “unspezifische Fatigue”/Erschöpfung kann z.B. auch nach einem Burnout oder einer Chemotherapie auftreten. Bei dieser Art von Fatigue können körperliches Training und Psychotherapie zuträglich sein.
Postvirale Fatigue ist eine krankhafte bleierne Müdigkeit, ohne Erholungsmöglichkeit durch Ruhen oder Schlaf. Betroffene, die unter dieser Art der Fatigue leiden, verspüren die Müdigkeit dauernd, unabhängig welche Aktivitäten sie gerade durchführen. Diese Fatigue kann nach jeder Viruserkrankung auftreten, typischerweise wird hier das Pfeiffersche Drüsenfieber (EBV Virus) genannt. Meistens heilt diese Art der Fatigue innerhalb von vierundzwanzig Monaten aus. Menschen mit dem Symptom postvirale Fatigue können ME/CFS entwickeln.
“Es ist wichtig, die Myalgische Enzephalomyelitis von der postviralen Fatigue zu unterscheiden. Relativ häufig kommt es nach einem schweren viralen Infekt zu einer länger anhaltenden generellen postviralen Fatigue. Nur ein Teil der davon Betroffenen erkrankt aber effektiv an ME/CFS, während die meisten innerhalb von ein bis zwei Jahren wieder vollständig genesen. Gemäss einer US-amerikanischen Studie litten 13% der Jugendlichen und Erwachsenen sechs Monate nach einer EBV-Infektion noch unter verschiedenen Symptomen. Zwei Jahre nach der Infektion waren aber nur 4% effektiv an CFS erkrankt.3”
ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue Syndrom) Krankheit
Die Myalgische Enzephalomyelitis ist eine chronische neuroimmunologische Krankheit, welche in den meisten Fällen nach einem viralen Infekt eintritt. ME/CFS kann zu schwerer Behinderung führen. Die genaue Ursache der Erkrankung ist mangelhaft erforscht, doch es konnten bereits diverse Dysfunktionen des Nerven-, Hormon-, Immunsystems und weiterer Systeme und Organe nachgewiesen werden. Die Leitsymptome von ME sind Fatigue und PEM
Was ist Myalgische Enzephalomyelitis?
Schweizerische Gesellschaft für ME & CFS
„Was ist der Unterschied zwischen chronischer Müdigkeit und Erschöpfung? Menschen mit allgemeiner Müdigkeit fühlen einen Mangel an Energie und Motivation. Menschen mit ME/CFS leiden jedoch unter einigen anderen Symptomen der chronischen Müdigkeit, wie Gedächtnis- oder Konzentrationsproblemen, Halsschmerzen, Muskel- oder Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, empfindlichen Lymphknoten und Schlafstörungen. Unterschiede in der Art, wie sich Müdigkeit anfühlt.
Übersetzt aus dem Englischen: everydayhealth.com
Bei dieser Erkrankungen der Mastzellen kann es unter anderem zu einer übermässigen Freisetzung von körpereigenem Histamin und anderen Botenstoffen kommen. Gewisse Erkrankungen können diese Immunzellen krankhaft verändern, so dass eine Daueraktivierung oder einer leichten Aktivierbarkeit der Mastzellen ( “Wächter” des Immunsystems) verursacht wird. Hier können Antihistaminika (link zu Antihistaminika) helfen.
Quelle: mastzellaktivierung.info
Die Histaminintoleranz (Histaminose) ist eine erworbene oder angeborene Stoffwechselstörung, zu der vermutlich verschiedene Ursachen und Umweltfaktoren beitragen können. Der körpereigene Botenstoff Histamin kann beim Betroffenen nicht mehr auf dem Sollwert gehalten werden, wenn er übermässig aus Speicherzellen freigesetzt wird, wenn zusätzliches Histamin von aussen zugeführt wird (Ernährung, Darmflora) oder wenn der enzymatische Abbau behindert ist. In der Folge kommt es zur Fehlregulation zahlreicher Körperfunktionen. Bei Histaminintoleranz ist eine Anpassung des Ernährungsplans zu empfehlen. Hier eine vereinfachte histamin spezifisch Nahrungsmittelliste.
Mastzellaktivierung und Histaminintoleranz stehen in engem Zusammenhang.
Quelle: histaminintoleranz.ch
- Dysautonomie (sekundäre) = Störung des Autonomen Nervensystems
- Dysautonomie ist ein Überbegriff um Krankheiten zu beschreiben, die das autonome (vegetative Nervensystem) betreffen. Die primäre Dysautonomie ist angeboren, die sekundäre die Folge einer Erkrankung. Störungen des autonomen Nervensystem können jeden Bereich des Körpers betreffen und die Patienten teilweise schwer behindern.
- PEM (Post-exertional Malaise) oder PENE (Post-exertional Neuroimmune Exhaustion) = Belastungsintoleranz
- ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronic Fatigue Syndrom) = Das chronische Erschöpfungssyndrom
- Postvirale Fatigue = Erschöpfungssyndrom nach einer Virusinfektion
- MCAS = Mastzellaktivierungssyndrom
- HIT = Histaminintoleranz
- POTS (Posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom) = (Kreislauf-) Beschwerden in aufrechter Haltung
- Pacing = Energie- und Aktivitätsmanagement
- Graded Exercise Therapy (GET) = Leistungssteigerung: Bei Grades Exercise wird der Schwierigkeitsgrad des Trainings stetig erhöht. Davon ist bei einer Krankheit, die auf chronischen Entzündungen basiert und Leistung unbeständig und nicht linear ist, abzusehen.
Diagnostik
Noch ist die Diagnose von Long Covid vorwiegend eine Ausschlussdiagnose, da geeignete spezifische Tests für Long Covid noch fehlen. Das heisst, alle anderen bekannten Erkrankungen, die ähnliche Symptome hervorrufen können, müssen ausgeschlossen werden.
Ausschlussdiagnostik
- EKG (Elektrokardiogramm = Herzstromkurve)
- Herzultraschall (Echo)
- Röntgen der Lunge
- Computertomographie der Lunge und/oder des Herzens
- MRI (Magnetresonanztomographie) des Herzens und/oder des Gehirns
Ebenfalls werden Blutuntersuchungen vorgenommen. Meistens wird auch ein Konsil bei einem Pneumologen (Lungenarzt), Neurologen (Beschäftigt sich mit dem Gehrin und dem Nervensystem) und einem Kardiologen (Herzspezialist) empfohlen und bei Bedarf weitere angezeigte Untersuchungen und Tests.
Nicht jedes Symptom, das nach einer Covid-19 Erkrankung auftritt, ist zwingend Long Covid zuzuschreiben. Deshalb ist eine Ausschlussdiagnostik sehr wichtig, um keine andere Krankheiten zu übersehen. Ebenfalls ist es notwendig, während einer Long Covid-Erkrankung bei Symptom Veränderungen eine regelmässige Verlaufsdiagnostik durchführen zu lassen, um nichts zu verpassen.
Es gibt zum heutigen Zeitpunkt noch keine schweizweit anerkannte Behandlungs- und /oder Diagnose-Richtlinie.
Etablierte Untersuchungen
ACHTUNG: Die folgenden Untersuchungen können bei Betroffenen mit einer Belastungsintoleranz zu einer massgeblichen Verschlechterung der Symptome führen. Deshalb sollten die Termine so gelegt und gestaltet werden, dass die “Gesundheit” der Patient:innen so wenig wie möglich strapaziert wird.
Mittels eines Lungenfunktionstest werden die Lungenvolumina gemessen, das heisst, wie viel Luft ein- und wieder ausgeatmet wird. Man kann z.B. feststellen, ob die Atemwege verengt oder das Lungenvolumen vermindert ist, z.B. im Rahmen einer Vernarbung, einer Fibrose oder einer anderen Lungenkrankheit. Lungenfunktionstests helfen zudem, den Verlauf einer Lungenkrankheit festzuhalten. Neben der Fähigkeit, effektiv ein- und auszuatmen, zeigt auch der Sauerstoffgehalt des Blutes an, wie gut die Lunge arbeitet. Der Test wird in einer speziellen Kabine durchgeführt und nacheinander mehrmals wiederholt, um einen Durchschnittswert zu erhalten. Bei Long Covid-Betroffenen sind die Testergebnisse häufig unauffällig. Auch wenn diese Werte in Ordnung sind, können die Betroffenen unter Atemnot leiden. Atemnot ist ein subjektives Symptom, welches nicht immer mit einer gestörten Lungenfunktion in Zusammenhang steht. Es kann z.B. vom Herz kommen, oder aber – wie eventuell bei Long Covid – durch eine gestörte Atemregulation aufgrund einer autonomen Dysfunktion, einer Hyperventilation, einer erhöhten Atemmittellage, einer Zwerchfelldysfunktion, einer Diffusionsstörung (= Gasaustausch) oder weiteren Ursachen.
Wenn Long Covid-Betroffene an Atemnot leiden, kann es sinnvoll sein bei einem Pneumologen (Lungenspezialist) einen 6-Minuten-Gehtest durchzuführen. Dabei wird während zügigem Gehen während 6 Minuten die Sauerstoffsättigung im Blut überwacht und gemessen wie weit die Person während dieser 6 Minuten gehen kann. Ebenfalls wird die Atemnot anhand der Borg Skala (Link einfügen https://www.herz-kreislauf.at/herzblog/xundheits-tipps/tipp/borg-skala) erfasst. Gesunde untrainierte Personen schaffen ca. 600 bis 700 Meter während dieser Zeit, und die Sauerstoffsättigung bleibt stabil über 94%. Kann nur eine unterdurchschnittliche Strecke zurückgelegt werden, und/oder fällt die Sauerstoffsättigung ab, deutet dies auf ein pneumologisches Problem hin, das der Arzt weiter verfolgen wird. Muss der Test aufgrund zu grosser Atemnot oder Erschöpfung vorzeitig abgebrochen werden, ist dies auch weiterzuverfolgen. Bei Long Covid-Betroffenen ist die Gehstrecke häufig eingeschränkt, wobei die Sättigung meistens normal bleibt.
Der Schellong-Test untersucht die Kreislauffunktionen einer Person. Da das vegetative Nervensystem auch für die Kreislaufregulation verantwortlich ist, wird der Schellong-Test auch bei der Diagnostik neurologischer Erkrankungen (z.B. Morbus Parkinson) eingesetzt, um Hinweise auf Störungen des sympathischen oder parasympathischen Nervensystems zu sammeln. Mit dem Test werden die Veränderungen der Herzfrequenz und des Blutdrucks überprüft, die durch eine bestimmte Belastung ausgelöst werden. Auch bei Long Covid-Betroffenen treten Probleme in aufrechter Haltung auf. Mit folgendem Test wird dies untersucht:
Beim Kipptischtest legt sich der Patient auf eine Untersuchungsliege und bleibt etwa 5 bis 10 Minuten ruhig liegen. Während dieser Zeit werden jede Minute der Puls und Blutdruck gemessen. Danach wird der Patienten aufgefordert zügig aufzustehen und etwa 5 bis 10 Minuten stehen zu bleiben. Während dieser Zeit werden ebenfalls minütlich der Puls und Blutdruck gemessen.[1]
Bei gesunden Patienten kommt es in aufrechter Haltung zu einer leichten Zunahme der Herzfrequenz und zu keinem bedeutenden Blutdruckabfall. Wenn die Herzfrequenz um mehr als 30 Schläge pro Minute ansteigt und/oder der Blutdruck bei einem Lagewechsel merklich abfällt, kann dies auf ein POTS hinweisen.
Zahlreiche Long Covid-Betroffene leiden unter Schwindel. “Dieser hat viele Gesichter: mal drehend, schwankend oder ganz diffus, mal kurzzeitig oder andauernd, mal führt er zu Gangunsicherheit, mal treten Sehstörungen und auch mal eine Hörstörung hinzu – die Vielfalt ist gross. Aber fast immer verursacht Schwindel Angst, sowie Unsicherheit und kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen.”
Quelle: https://www.neurologen-am-zuerichsee.ch/schwindelabklaerung.html
Um andere Ursachen als Long Covid auszuschliessen, gibt es diverse Untersuchungen bei einem HNO- Arzt (Hals-, Nasen-, Ohrenarzt) und /oder in der Neurologie.
“Eine otoneurologische Untersuchung umfasst eine eingehende klinische Diagnostik, aber auch Gleichgewichtstests, welche computerunterstützt durchgeführt werden (Elektronystagmografien). Dadurch können Aussagen darüber gemacht werden, in welchem Bereich die Gleichgewichtsstörung liegt. Beispielsweise kann unterschieden werden, ob es sich um eine Störung im eigentlichen Gleichgewichtsorgan oder ein Problem der Informationsverarbeitung im Hirnstamm handelt.”[2]
Quelle: https://www.ksbl.ch/hno-leistungen/ohren/leistungen/schwindelabklaerungen
Eine Neuropsychologische Untersuchung ist sinnvoll, wenn bei den Betroffenen eine kognitive Beeinträchtigung (zB. Fatigue, Wortfindungsstörungen, Konzentrationsstörungen, kognitive Defizite etc.) besteht. Dort kann die aktuelle Alltags-Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit von einem Experten mit standardisierten Tests eingeschätzt werden. Die Ärzte benötigen dazu meistens den Lebenslauf der betroffenen Personen, um die vorangegangene Leistungsfähigkeit der kognitiven Funktionen (Hirnleistungen) beurteilen zu können.
“Die Neuropsychologie beschäftigt sich mit den Funktionen des Gehirns wie z.B. dem Denkvermögen (bzw. der Intelligenz), der Aufmerksamkeit, dem Gedächtnis, dem Sprachvermögen, den motorischen Fertigkeiten, Persönlichkeits-/Verhaltensänderungen, emotionalen Störungen und visuellen Wahrnehmungsstörungen. Untersucht werden insbesondere gestörte Funktionen infolge von Unfällen, Verletzungen oder Erkrankungen. Darüber hinaus bietet die Neuropsychologie spezielle neuropsychologische Therapiemöglichkeiten für die Behandlung dieser Störungen und Beeinträchtigungen.” Quelle: https://www.gnp.de/fuer-patienten-betroffene/was-ist-neuropsychologie[3]
Die Untersuchung dauert zum Teil über 3 Stunden und wird von Betroffenen als anstrengend empfunden. Es ist daher wichtig, dass die Betroffenen während der Untersuchung ihre Grenzen klar kommunizieren und eine Pause verlangen und nicht ihre Gesundheit auf’s Spiel setzen. Die erforderlichen Pausen fliessen ebenfalls in die Beurteilung des Tests mit ein und sind aussagekräftig. Hierbei muss jedoch ein Gleichgewicht gefunden werden, denn es ist ebenfalls wichtig, dass die Ärzte sehen können, dass die Hirnleistung nach einiger Zeit abnimmt.
Folgende verschiedenen Funktionsbereiche können z.B. systematisch untersucht werden:
- Visuelle Wahrnehmung (u. a. Gesichtsfeldausfälle, Agnosien)
- Akustische / taktile / olfaktorische Wahrnehmung
- Neglect
- Räumliche Störungen
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Gedächtnisstörungen
- Exekutive Störungen
- Störungen der Sprache (Neurolinguistik) einschließlich Rechenstörungen
- Motorische Störungen
- Affektive und emotionale Störungen
- Verhaltensstörungen
- Krankheitseinsicht und Krankheitsverarbeitung
Quelle: https://www.gnp.de/fuer-patienten-betroffene/was-ist-neuropsychologie
Experimentelle Untersuchungen
Die nachfolgenden Diagnose-Parameter sind bis jetzt nur an wenigen Spitälern oder für Studien durchgeführt worden und gelten noch als experimentell. In der Schweiz sind diese Untersuchungen zur Zeit kaum oder nicht erhältlich. Wenn die Untersuchungen erhältlich sind, werden diese oftmals nicht von den Krankenkassen übernommen.
Es wurden bereits verschiedene Auto-Antikörper identifiziert, die bei Long Covid-Patienten eine Rolle spielen könnten. Auto-Antikörper sind Antikörper (Immunglobuline), die vom Immunsystem gebildet werden und sich gegen körpereigenes, gesundes Gewebe richten (auto = selbst). In Folge dessen können sich eine Vielzahl von verschiedenen Autoimmunerkrankungen entwickeln.
Durch Zufall stellte z.B. die Klinik Erlangen fest, dass Long Covid-Patienten die gleichen Auto-Antikörper aufwiesen wie ihre Herzinsuffizienz-Patienten, die sie für eine Studie des Medikaments BC007(LInk zu BCoo7 bei Behandlung) der Firma Berlin Cures untersuchten:
G-protein coupled receptors (Übergruppe)
- ß2-adrenoceptor
- Muscarinic M2 receptor
- α1-adrenoceptor
- Endothelin1 ETA receptor
- Angiotensin II AT1 receptor
- Angiotensin (1-7) MAS receptor
- Nociceptin receptor
Diese Auto-Antikörper können auch bei anderen Erkrankungen auftreten. Ebenfalls ist es durchaus möglich, dass bei Long Covid noch weitere Autoantikörper eine Rolle spielen können. Diese Liste ist entsprechend nicht abschliessend.
Quellen: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8637609/
https://www.berlincures.de/en/
Hier können diese Bluttests momentan auf eigene Kosten (ELISA-konform) durchgeführt werden. Dafür muss das Blutserum nach Berlin geschickt werden (Kosten bitte anfragen): https://www.celltrend.de/en
Berlin Cures hat die Auswertung der Auto-Antikörper mittlerweile eingestellt.
Eine Corona-Infektion verändert die biomechanischen Eigenschaften von roten und weißen Blutkörperchen teilweise monatelang.
«Größe und Verformbarkeit der roten Blutkörperchen schwankt stärker als die von Gesunden. Das deutet auf eine Schädigung dieser Zellen hin und könnte das erhöhte Risiko von Gefäßverschlüssen und Embolien der Lunge erklären. Zudem kann bei Infizierten dadurch die Sauerstoffversorgung, die zu den Hauptaufgaben der Erythrozyten zählt, beeinträchtigt sein. Lymphozyten (Abwehrzellen, die zu den weißen Blutkörperchen zählen) waren bei Corona-Patienten wiederum deutlich weicher, was auf eine starke Immunreaktion hinweisen kann. Ähnliche Beobachtungen machten die Forscher auch bei Neutrophilen Granulozyten, einer weiteren Gruppe weißer Blutkörperchen der angeborenen Immunabwehr»
Um die Blutzellen zu analysieren, nutzen die Forschenden ein selbst entwickeltes Verfahren Namens Echtzeit-Verformungs Zytometrie. Das Diagnose-Verfahren wurde am Max-Planck-Zentrum für Physik und Medizin in Erlangen entwickelt. Dabei werden Blutzellen durch einen engen Kanal geschossen und durch die Geschwindigkeit gestreckt, wobei sie von einer Hochgeschwindigkeitskamera fotografiert werden. Eine spezielle Software analysiert anschliessend um welche Zelltypen es sich handelt und wie gross und wie stark verformt sie sind. Vorteil des Verfahrens: Es ist schnell, und die Zellen müssen nicht aufwändig angefärbt werden.
Quelle: https://www.mpg.de/17108102/long-post-covid-corona-blutzellen
Aktuell wird dieses Verfahren in der Schweiz (noch) nicht angeboten.
Mittels eines speziellen Augentests mit dem Namen OCT-Angiografie (optische Kohärenz-Angiographie) konnte in der Augenklinik Erlangen nachgewiesen werden, dass die Durchblutung der kleinsten Gefässe der Netzhaut bei Long Covid-Patienten gegenüber der Kontrollgruppe deutlich vermindert ist, was auf eine Mikrozirkulationsstörung hinweisen kann. Hierfür wurde an der Klinik Erlangen eine spezielle Software entwickelt, welche im Gegensatz zur üblichen Auswertung die Durchblutung in den kleinsten Gefässen hervorheben kann.
Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8637609/
Aktuell wird dieses Verfahren in der Schweiz (noch) nicht angeboten.
In diversen Studien wurde festgestellt, dass der Blutfluss bei Long Covid-Patienten durch Mikrogerinnsel stark behindert wird. Diese kleinsten Thromben können mittels eines Fluoreszenz-Mikroskops und einem speziellen Verfahren sichtbar gemacht werden. Die Untersuchung wird zurzeit in Südafrika in einer Studie von Ethersia Pretorius durchgeführt. Die Ärztin dieser Studie arbeitet mit dem Apheresezentrum von Beate Jäger in Mülheim in Deutschland zusammen.
Quelle: https://cardiab.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12933-021-01359-7
Die Columbia Universität (Irving Medical Center) beobachtete die folgenden Auffälligkeiten im Immunsystem von Long Covid Erkrankten gegenüber der Kontrollgruppe:
- Aktivierung folgender Monozyten: CD14, CD16 und CCR5
- Verringertes Auftreten der ImPD-1 exprimierenden T-Zellen: CD4 und CD8
- Erhöhte Zytokinwerte: CCL5/RANTES, IL-2, IL-4, CCL3, IL-6, IL-10, IFN-gamma, VEGF
- Tiefere Zytokinwerte: GM-CSF, CCL4
- Neuronale Dysfunktion: Amyloid Beta, Neurofilament Licht, Neurogranin, p-T181-tau
Aktuell können folgende ICD-Codes in Zusammenhang mit einer Long Covid-Erkrankung verwendet werden:
ICD-Code U08.9, U09.9 und U10.9 kodieren Krankheitszustände wie Long Covid im Zusammenhang mit vorausgegangener Covid-19-Krankheit.
U08.9 Covid-19 in der Eigenanamnese: Für Fälle, bei denen eine früherer, bestätigte Coronavirus Krankheit zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führt. die Person leidet nicht mehr an Covid-19.
U09.9 Post-Covid-19-Zustand: Für alle Fälle vorgesehen, bei denen der Zusammenhang eines aktuellen, anderenorts klassifizierten Zustandes mit einer vorausgegangenen Coronavirus-Krankheit kodiert werden soll. Die Schlüssel ist nicht zu verwenden, wenn Covid-19 noch vorliegt.
U10.9 Multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit Covid-19: Der Kode ist für Fälle vorgesehen, bei denen ein durch Zytokinfreisetzung bestehendes Entzündungssydrom in zeitlichem Zusammenhang mit Covid-19 steht.