Bisher gibt es keine heilende Therapie. Die angebotene Therapien dienen der Symptomlinderung.

Da noch keine Medikamente oder Verfahren existieren, die Long Covid heilen können, werden wir im Folgenden verschiedene Therapien, Strategien und Medikamente aufführen, welche bei Betroffenen zu einer Symptomlinderung führen können. Auch werden wir hier laufend eine Auswahl aktueller Forschungsansätze zusammentragen, die zur Behandlung von Long Covid weltweit getestet werden. Wir empfehlen, alle Behandlungen mit Spezialisten zu besprechen.

Etablierte Therapien zur Symptomlinderung

Ruhe und Stressreduktion sind das Allerwichtigste. Grössere Anstrengung sowie Belastung sollten auf jeden Fall vermieden werden. Muss der Körper mehr leisten als die neue Belastungsgrenze zulässt, kann dies zu Rückfällen oder sogar zu einer Chronifizierung der Symptome führen. Dies ist auch der Fall, wenn man vor der Infektion fit, aktiv und gesund war und eine Belastung eigentlich als objektiv gering eingeschätzt wird.

Pacing

In Ermangelung heilender Therapien ist Pacing (v. engl. to pace „schreiten“, „Kräfte einteilen“) einer der wichtigsten Ansätze für das Management der Symptome, denn Long Covid-Betroffene leiden oft unter einer sogenannten «Belastungsintoleranz» . Das heisst, Patienten verfügen über stark verringerte Energiereserven. 

Pacing bedeutet, dass alle körperlichen sowie geistigen Aktivitäten den neuen, verringerten Energiereserven angepasst werden müssen, um eine Überbelastung und damit eine weitere Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu verhindern. Es ist dabei wichtig zu wissen, dass verschiedene Faktoren die Leistung des Körpers beanspruchen können. 

Belastungen können sehr individuell sein. So kann „Verdauen“ zum Kraftakt werden, genauso wie das Stehen beim Duschen. Auch können unterschiedliche Lärmquellen, schnelle Bewegungen oder Sonnenlicht eine neurologische Überforderung bedeuten. Nicht immer ist die Überbelastung direkt erkennbar. Es kann sinnvoll sein, ein Tagebuch mit den eigenen Aktivitäten zu führen, um das Muster dahinter zu erkennen.

Wenn der Körper bei Überbelastung nicht direkt geschont wird (durch Reizminderung und Ruhen), kann dies zu einem sogenannten “Crash”, einem körperlichen Systemabsturz führen. In diesem Falle benötigt der Körper viel länger, um sich wieder zu erholen. Die Überbelastung kann unmittelbar oder aber ein bis zwei Tage verzögert auftreten und unter Umständen auch Wochen anhalten. Deshalb ist es wichtig, Überbelastungen mittels Pacing zu vermeiden. Geschehen diese Überlastungen wiederholt, kann es zu einer nachhaltigen Verschlechterung des Gesamtzustands, bis hin zur Invalidität führen. 

Betroffene müssen lernen, wie viel Energiereserven sie pro Tag zur Verfügung haben und wieviele Energieeinheiten sie am Stück verbrauchen dürfen.

Ergotherapie (s. unten) kann hier helfen.

Neben der Ergotherapie, nutzen viele Patienten Fitness-Tracker oder Smart-Watches. Damit können sie ihren Puls und damit die Belastung des Körpers besser kontrollieren, bzw. eine Überlastung vermeiden. 

Es fällt vielen Betroffenen schwer diese neue Lebensweise zu akzeptieren, da sie vor der Erkrankung meist sehr belastbar und leistungsfähig waren. Schonung und Überlastung vermeiden, ist aber nach allem was wir wissen, die aktuell effektivste Behandlungsmethode. Ziel des Pacings ist es, den Gesundheitszustand zu stabilisieren und schrittweise zu verbessern. Dies ist ein Prozess von mehreren Wochen und Monaten.

Mehr dazu: https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/pacing/

Ergotherapie

In der Ergotherapie wird individuell angeschaut, welche Tätigkeiten, auch vermeintlich passive (zum Beispiel Fernsehen, Zuhören etc), wie viel Energie beanspruchen. Das gleiche Energiemass muss dabei über mehrere Tage abgerufen werden können. Es gilt hier stabiles Gleichgewicht zu finden, um ein Auf und Ab der Symptome zu verhindern und, im besten Fall, einen langsamen Aufbau zu ermöglichen.

“Die Aufgabe der Ergotherapie ist es, Menschen mit Long-Covid bei ihren Alltagstätigkeiten zu unterstützen. Wichtig dabei ist, dass die Betroffenen Aktivitäten, welche für für sie wichtig und erfüllend sind, trotz den Einschränkungen weiterhin selbständig ausführen können. Um diese Ziele zu erreichen werden die Betroffene beim Erlernen eines optimalen Energie- und Pausenmanagements unterstützt und erhalten Tipps zur Erleichterung von Alltagstätigkeiten wie Selbstpflege, Haushalt, Beruf und Freizeit. In einem ersten Schritt wird mittels eines Energietagebuchs ausgewertet, welche Aktivitäten am meisten Energie beanspruchen und weshalb. Diese Erkenntnisse fliessen dann in den konkreten Alltag ein. Ein optimales Pausenmanagement wird besprochen und die Betroffen lernen ihre Alltagstätigkeiten richtig einzuteilen, damit das persönliche Energiekonto bis zum zu Bett gehen reicht. Wichtig ist zu überlegen, welche Tätigkeiten an andere delegiert werden können, damit die eigene Energie für die Aktivitäten reicht, welche für die Betroffenen sinnvoll und wichtig sind und welche sie selber ausführen möchten.”

Text: Prisca Schassmann, Therapieexpertin Ergotherapie, Berner Reha Zentrum

Physiotherapie

Ziel einer Physiotherapie bei Long Covid ist es, den Abbau der Muskeln und den Verlust der Ausdauer zu stoppen oder zumindest zu bremsen. Die Muskeln werden behutsam wieder gestärkt, die Kondition im Sinne des Pacings aufgebaut, sowie die Funktionen und die Beweglichkeit verbessert. Es gibt hilfreiche Tipps, v.a. auch von Long Covid Physio (engl.), einer Organisation, welche sich für eine adaptierte Therapie einsetzt. Auf der Webseite des Altea-Netzwerks finden sich Informationen, wie man sich theoretisch bei Belastungsintoleranz wieder zum Sport zurück tasten kann. In der Praxis ist es so, dass viele Betroffene über Monate oder sogar Jahre auf der gleichen Stufe stehen bleiben. Gemäss unserer bisherigen Beobachtungen schafft es kaum einer, die Belastungsintoleranz gänzlich zu überwinden.

Achtung: Körperliches Training insbesondere mit Leistungssteigerung, wie es die klassische Rehabilitation/Physiotherapie vorsieht, führt oftmals nicht zu einer Verbesserung, sondern kann eine drastische Verschlechterung der Symptome, sogenannten Crashs  (v. engl. Absturz) auslösen.

Rehabilitation (ambulant und stationär)

Post-akut Covid  Rehabilitation: Diese Rehabilitation ist für Patienten nach einem schweren Akutverlauf mit einem längeren Spitalaufenthalt mit oder ohne Intensivstation geeignet. Die Betroffenen profitieren oftmals von einer klassischen Rehabilitation. Ihr Ziel ist ein Muskel- und Konditionsaufbau, sowie das Wiedererlernen jeglicher Alltagsfunktionen.

Diese Rehabilitationsprogramme sind bereits langjährig etabliert. Die Patienten dürfen, ja müssen sogar, hierbei an ihre körperliche Grenzen gehen und diese mit stetigem Training ausbauen. Das Limitierende sind in diesem Fall die Organschäden, wie zum Beispiel eine vom Virus geschwächte Lunge oder der Verlust der Muskelmasse. Meist können diese Patienten ihre Leistung steigern und so eine bessere Lebensqualität durch die Rehabilitation erreichen. 

Long Covid-Rehabilitation: Diese Rehabilitation unterscheidet sich substantiell von der klassischen Rehabilitation, da die Rücksicht auf die Belastungsintoleranz im Vordergrund steht. Hier muss multimodal und sehr sanft therapiert werden, wobei das PACING zentral ist. Ziel ist es zu lernen mit der bisher noch unheilbaren Krankheit umzugehen.

Die Therapie beinhaltet im Minimum angepasste Physio- und Ergotherapie, medikamentöse Therapien und Psychotherapie. Im Idealfall werden auch Entspannungstherapien (Waldbaden, Massagen, Qigong etc.) sowie Ernährungsberatung (aufgrund der häufig auftretenden Histaminintoleranz) sowie komplementärmedizinische Therapien wie Kneipp, Einreibungen, Nahrungsmittelergänzungen etc. angeboten. Eine stationäre Rehabilitation ist dann angezeigt, wenn der Patient mit ambulanten Therapien keine Verbesserung erzielen kann oder sogar eine Verschlechterung erfährt. Diese Patienten profitieren deshalb von  einer stationären Long Covid Rehabilitation, erfahren eine Stabilisierung und vermögen die Abwärtsspirale zu stoppen. Die Patienten treten zwar nicht geheilt aus der Rehabilitation aus, im Idealfall haben sie jedoch an Lebensqualität gewonnen und können wieder besser am Alltag teilnehmen.

Spezialisierte Spitex / Ambulante Pflege zuhause / Reha at Home: Eine spezialisierte ambulante Long Covid-Pflege, wie sie von der Spitex Herzenssache in der Region Zürich angeboten wird, verfügt über aktuelles Wissen zu den Long Covid-Symptomen. Idealerweise ist sie mit anderen Fachpersonen oder einer Long Covid-Sprechstunde gut vernetzt und bietet Betroffenen Unterstützung in der Bewältigung des Alltags (Körperpflege, Wohnungspflege, Förderung der Selbständigkeit unf Selbstwirksamkeit etc.) sowie therapeutische Interventionen im Rahmen von Symptommanagement.

Das Erarbeiten und Erlernen von Bewältigungsstrategien im Umgang mit Gefühlen und Emotionen bei langwierigen oder schweren Krankheiten reduziert zudem nachweislich Stress, was eine Genesung unterstützt oder zumindest einer Verschlimmerung der Symptome entgegen wirkt.

Das gemeinsame Erarbeiten einer angepasste Tagesstruktur, die mit der Erkrankung verträglich ist und unter Einbezug der individuellen Lebenssituation und dem häuslichen Setting ist Teil der ambulanten Long Covid-Pflege. Auch erspart die ambulante Dienstleistung dem Patienten anstrengende Wege und kann die therapeutische Übungen direkt in den Alltag einbinden. Viele Long Covid-Betroffene leiden unter Belastungsintoleranz und verfügen aufgrund ihrer Krankheit über ein sehr geringes Energiekontingent. Dies kann durch das Wegfallen von aufreibenden Wegen maximal geschont und es findet ein zielgerichtetes Training im häuslichen Setting mit sowieso zu erledigende Aufgaben statt und Energie werden damit sinnvoll genutzt.

Auch können begleitete Gespräche mit Familienmitgleidern, Partnern und nachestehdenden Personen geführt werden, um sie in der Begleitung zu befähigen und die Krankheit besser verständlich zu machen.

Entspannungs- und Achtsamkeitstraining sowie Interventionen zur Ressourcen- und Resilienzförderung im häuslichen Setting unterstützen den Genesungsweg. Durch psychosoziale Interventionen können psychische Komorbiditäten sowie Folgeerscheinungen reduziert oder im besten Fall verhindert werden.

Text Reha at Home: Linda Frei, Spitex Herzenssache

Klassische psychosomatische Reha (zum Teil als „Long Covid-Therapie“ im Angebot): Diese Programme sehen die Ursache der Long Covid Erkrankung in der Psyche und therapieren die Betroffenen gleich wie bei einer Erschöpfungsdepression. Sie setzen auf regelmässige Psychotherapie und reichliche Bewegung an der frischen Luft sowie kreative Beschäftigung. Diese Programme führen laut unseren Rückmeldungen nicht zu Verbesserungen, bergen sogar das grosse Risiko einer Verschlechterung.

Psychotherapie/Psychologische Unterstützung: Patienten mit psychischen Symptomen ausgelöst durch die Krankheit, können von Psychotherapie, einer medikamentösen Behandlung oder Verhaltenstherapie (Coping) profitieren. Die Therapie ist darauf ausgelegt, den Betroffenen zu helfen, mit ihrer Situation, Erkrankung und deren Symptome wie auch Einschränkungen besser umzugehen, sowie die Stimmung aufzuhellen.

Medizinische Massage: Eine Massagebehandlung beinhaltet unterschiedlichen Vorgänge, die therapeutisch ineinander greifen. Durch die Bewegung der Hände auf der Haut bewirkt werden die verschiedenen Gewebeschichten- und -strukturen gegeneinander verschoben. Je nach Intensität reguliert die Massage den Muskeltonus, indem er gesenkt oder erhöht werden kann. Eine Massage kann entzündungshemmend, schmerzlindernd, durchblutungsfördernd wirken und zur Wundheilung beitragen. Eine Massage trägt zur Verbesserung des Allgemeinzustandes bei und kann die Ausschüttung der Stresshormone Kortisol und Adrenalin vermindern. Ebenfalls reguliert sie den Parasympathikus, welcher zur Entspannung der Muskulatur und eine Senkung des Ruhepulses zur Folge haben kann.

Text Massage: Marco Celiberti, med. Masseur EFA, Applied Health Care

Ob eine Massage als angenehm oder unangenehm empfunden wird, ist individuell. Generell gilt: auf den Körper hören und Behandlungen abbrechen, wenn eine negative Wirkung verspürt wird.

Symptomorientierte Behandlung

Stand März 2022 sind in der Schweiz keine speziellen Medikamente oder Verfahren zur Behandlung von Long Covid zugelassen. In den Sprechstunden werden vor allem etablierte Medikamente zur Symptomlinderung verschrieben.

Im Folgenden möchten wir anführen, was medikamentös häufig eingesetzt wird und welche anderen Massnahmen zu einer Verbesserung der Lebensqualität führen können. Das Pacing  sollte dabei immer eine tragende Rolle spielen.

Jeder Therapieansatz muss mit dem Arzt oder der Ärztin des Vertrauens besprochen und begleitet  werden. Wir geben ausdrücklich keine Empfehlungen ab. Alle Medikamente und Mittel müssen immer mit dem behandelnden Arzt oder Apotheker besprochen und nicht eigenständig eingenommen werden.

Medikamente und Therapien – schulmedizinische Ansätze

International laufen verschiedene Studien zu medikamentösen Long Covid-Therapien. Einige Medikamente sind in der Schweiz zugelassen, jedoch nicht für Long Covid. Sie werden deshalb nicht offiziell empfohlen, können aber nach Art. 71 der Schweizer Verordnung über die Krankenversicherung durch den behandelnden Arzt verschrieben werden.

Vorsicht, das sind alles Medikamente, die in laufenden Studien in dieser neuen Indikation getestet werden. Es gibt keine zugelassene Behandlung für LongCovid. 

Publizierte Fallberichte ohne Studien oder mit noch nicht abgeschlossenen Studien

Medikamente, Therapien und Nahrungsergänzungsmittel ohne Studien

Die nachfolgenden Medikamente und Nahrungsergänzungsmittel sind uns von Patienten genannt worden, die über eine positive Wirkung berichtet haben. Wir konnten jedoch bisher keinerlei Studien und oder Veröffentlichungen finden (auch keine laufenden), welche die Wirksamkeit oder Sicherheit der Produkte im Zusammenhang mit Long Covid nachweisen.

Naturmedizinische Ansätze

In den folgenden Kapiteln werden Ansätze aus der Naturheilkunde beschrieben. Bei diesen Verfahren wird versucht, meist ohne technologische Hilfsmittel, die körpereigenen Heilungsfähigkeit zu stimulieren. Diese Therapien sind grösstenteils wissenschaftlich nicht anerkannt, da keine klinischen Studien existieren, die die Wirksamkeit und Sicherheit der Ansätze belegen. In der Schweiz werden jedoch gewisse komplementärmedizinische Therapien von Krankenversicherungen vergütet. Alle diese Massnahmen sollen die Symptomlinderung unterstützen und die Selbstheilung des Körpers fördern, da heilende Medikamente bisher fehlen. 

Disclaimer. Bitte alle hier aufgeführten Tipps immer mit dem zuständigen Arzt oder Therapeuten besprechen und nur in Begleitung durchführen.

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